Kurmärkische Standortkameradschaft Storkow e.V.
Kurmärkische Standortkameradschaft Storkow e.V.

Ansprache zum Volkstrauertag 2013.

 

Liebe Freunde und Kameraden,

sehr geehrte Damen und Herren!

 

Nicht zuletzt gewinnt der in Storkow begangene Volkstrauertag immer dadurch seine Bedeutung, dass wir an 4 unterschiedlichen Orten über unsere bewegte deutsche Geschichte nachdenken, über den Opfertod vieler Menschen trauern, aber auch mancher Menschen ehrend gedenken, die ihr Leben aus Überzeugung aber auch erzwungener Maßen für unsere Gesellschaft, die Menschen in Deutschland, hingaben.

 

Diese 4 Orte stehen für verschiedene Phasen unserer Geschichte. Mir geht es darum, in diesen Phasen über den Menschen, der in die jeweiligen unterschiedlichen politischen Systeme nach dem Zufallsprinzip hineingestellt wurde, nachzudenken und so zu versuchen, sein Denken und Handeln aus seiner Zeit heraus zu verstehen; denn nur aus diesem Verständnis heraus kann abgeleitet werden, ob es sich um Mahnmale, Ehrenmale oder vielleicht beides handelt, vor denen wir heute hier stehen.

 

Das Denkmal der Eisenbahnpioniere des 1. Weltkrieges wurde 1922 am Rudolf-Wilde-Park in Berlin in unmittelbarer Nähe des Schöneberger Rathauses, dem späteren Sitz des Senats von West-Berlin, in einer eindrucksvollen Feierstunde eingeweiht, um die Leistungen der Soldaten dieser Truppengattung zu würdigen. Ein Blick auf die Reliefs dieses Denkmals macht es deutlich.

 

4 Jahre nach Ende dieses Krieges und Abschluss des Versailler Diktats, das weitgehend von den Siegern durch Hass diktiert war, bestand in Deutschland vor allen Dingen emotionaler Bedarf nach derartigen Ehrenmalen; denn nach Auffassung einer Mehrheit der damaligen Gesellschaft war durch diesen Frieden dem deutschen Volk bis hin zur Behauptung der alleinigen Kriegsschuld seine Würde genommen worden.  

Hinzu kam, dass im Reich vor und während des Krieges die führenden adeligen, politischen und militärischen Eliten, einschließlich des Deutschen Kaisers selbst, weitgehend versagt hatten und so dem verbrecherischen System des Nationalsozialismus über kurz oder lang ein Machtvakuum hinterließen.

 

Auch als Ergebnis dieses Versagens standen wir vor wenigen Minuten vor dem Mahnmal auf dem Storkower Friedhof und gedachten der 55 Millionen Opfern von Krieg und Gewalt im 2. Weltkrieg, ehrten aber auch anschließend auf dem russischen Soldatenfriedhof den Opfertod russischer Soldaten, die ihr Leben für die Befreiung ihres Landes von größenwahnsinniger Drangsalierung und unmenschlicher Behandlung hingaben.

Die Würde soldatischen Handelns hängt nie von der Zugehörigkeit zu  einer Nation ab. Es macht die Internationalität des Soldatentums deutlich, dass in unserer abendländischen Welt für Soldaten aller Nationen in unserem Kulturkreis dieselben moralischen und rechtlichen Kategorien akzeptiert sind und gelten. Genau so deutlich lehrt uns aber auch die Geschichte, dass diese Werte überall dort, wo Ideologien Ablehnung bis zum Hass Andersdenkender fördern, mehr als gefährdet sind. Das gilt besonders für militärische Auseinandersetzungen. Auch dieses Risiko gilt im Übrigen für alle Nationen oder Weltanschauungen. Nicht Ideologien oder gar Fremdenfeindlichkeit dürfen das gesellschaftliche Leben bestimmen, sondern Toleranz gegenüber dem Andersdenkenden und Mitmenschlichkeit müssen die bestimmenden Faktoren sein.

 

Auch dafür steht das Ehrenmal der Eisenbahnpioniere, doch warum hier in Storkow? Es überstand den 2. Weltkrieg in Berlin-Schöneberg unzerstört, verlor aber dort in der Zeit des „Kalten Krieges“ immer stärker an Akzeptanz. Das erreichte nach der Wiedervereinigung Deutschlands seinen Höhepunkt. Unbekannte Demonstranten drückten ihren Protest gegen die Würdigung soldatischer Leistungen durch immer erneute Schmierereien und Beleidigungen auf diesem Denkmal aus.

Soldaten der Pionierbrigade 80 (Kurmark) bauten es deshalb in einer „Nacht- und Nebel-Operation“ 1994 in Berlin-Schöneberg ab und hier in der Kurmark-Kaserne wieder auf.

Seit dieser Zeit ehren wir hier an jedem Volkstrauertag die persönliche Leistung und das Opfer aller deutschen Soldaten, unabhängig vom politischen System in das sie zufällig hineingestellt waren und in dem sie jeweils ihre Pflicht taten. Das gilt für die Soldaten der Wehrmacht, der Nationalen Volksarmee, wie auch der Bundeswehr. Dieses Gedenken bedeutet nie die Übernahme irgendwelcher Traditionen eines uns fremden gesellschaftlichen Systems, sondern immer die Würdigung der menschlichen Leistungen deutscher Soldaten.  

Wir wissen um die Tragik unserer Geschichte, die manch einen unserer Väter und Großväter verführte und es auch einigen von uns heutigen schwer machte, seinen Standort zu finden.

Wir wissen auch, dass die Soldatengeneration, zu der ich gehöre, in beiden Teilen Deutschlands im Grunde eine glückliche war; denn wir genossen mehr als 60 Jahre in unserem Europa Frieden. Allerdings wurden wir auch mehr als 40 Jahre in beiden Teilen als Gegner geprägt. Ziehen wir daraus unsere Schlussfolgerungen, von denen die wichtigste die Toleranz ist. Reden wir nicht übereinander, sondern miteinander und versuchen so, auf gleicher Augenhöhe zueinander zu kommen. Lassen wir uns nie wieder von Ideologen, aus welcher Richtung auch immer, verführen.

Wir wissen aber auch, dass heute Kriege nicht nur in Europa, sondern weltweit wieder denkbar sind und auch geführt werden. Die Männer unserer neuen Bundeswehr stellen sich auf Befehl unseres Parlaments dieser Aufgabe und riskieren weltweit Gesundheit und Leben. Das macht ihre Ehre und Würde aus; denn das tun sie für ihr Vaterland.

Dafür haben wir als Gesellschaft, aber besonders wir, als Veteranen von Herzen zu danken.

Fordern wir aber auch von unserer politischen Führung, mit dem empfindlichen Gut Frieden sorgfältig umzugehen; denn sie, nicht der Soldat, trägt die Verantwortung für Frieden und Krieg. Der Soldat erleidet ihn meist.  Afghanistan kann ein Menetekel werden, wenn auch in Zukunft weder der politische Auftrag klar wird, der für einen mehr als 10-jährigen Krieg an unsere Soldaten galt, noch wie das Ergebnis jetzt am absehbaren Ende dieses Einsatzes aussehen wird,.

 

 

Ernst-Georg Krohm.

 

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